Ein in der Kindheit erlebtes und unverarbeitetes Trauma ruht im Verborgenen solange, bis ein ähnliches Ereignis im Erwachsenenalter mit voller Wucht die erlebten Schmerzen und Gedanken wieder aufbrechen lässt. So kann eine depressive Erkrankung ihren Auslöser in einer „neurobiologischen Narbe“ haben, die von einer seelischen Wunde stammt, die vor Jahrzehnten zugefügt worden ist.

Nichtverarbeitung bedeutet die Verdrängung des Schmerzes in die Tiefen des Gehirns –  tiefe Entspannung kann nicht einsetzen. Es kommt zu einem Stau der Gefühle und sogar zu körperlichen Schmerzen.

Ein traumatisches Ereignis wie Tod eines geliebten Menschen greift tief in die Psyche und das Erleben desjenigen ein, der zurückbleibt und den Verlust zu ertragen und zu verarbeiten hat. Sind ähnliche intensive Erlebnisse schon einmal passiert, wird die angelegte Spur im Gehirn wieder aktiviert. Deckerinnerungen mit all den einst erlebten Emotionen überwältigen den Menschen.

Auch die mangelnde Zuwendung in der Kindheit, körperliche oder seelische Verletzungen wie Gehässigkeiten, die ständige Herausforderung vermeintlicher Unzulänglichkeiten, sich ungeliebt fühlen, können tiefe Narben im Gehirn hinterlassen und Grundlage für spätere psychische Erkrankungen sein.

Während der Mensch zum Erwachsenen heranwächst, werden die einst geschlagenen Wunden in den Tiefen seiner Seele verschüttet, solange sie nicht geheilt sind. Ob jene Wunden jemals wieder aufbrechen, hängt von den individuellen Lebensumständen jedes einzelnen ab. Auslöser können sowohl biologischer Stress wie Infekte, Operationen, Unfälle und körperliche Misshandlungen als auch soziale Belastungen wie Trauerfälle, beruflicher Druck, Einsamkeit und seelischer Missbrauch sein.

So entscheiden die psychosozialen Erfahrungen eines Menschen, ob er offensiv freudig erwartungsvoll oder defensiv gespannt ahnungsvoll durchs Leben wandert.

Verschiedene Therapiekonzepte wie Verhaltenstherapie, kognitive Psychotherapie können helfen, den Stressauslösern konstruktiv zu begegnen und mit veränderten Denkstrukturen einen neuen Lebensweg zu gehen.

Insbesondere EMDR, das u.a. die bilaterale Hemisphärenstimulation zur Intervention verwendet, vermag unter professioneller Anleitung alte seelische Verletzungen zu heilen und die Spuren ehemaliger Traumatisierungen aufzulösen. Neue Denkmuster erscheinen wie von selbst, nachdem das emotionale Gehirn alte Belastungen verarbeitet hat und als warnenden Erfahrungen nunmehr nur noch erinnern darf. Denn das ist der Unterschied zwischen einer unverarbeiteten emotionalen Belastung und einer durchlebten aber verwerteten Erfahrung, deren Erinnerung keine krankmachenden seelischen und körperlichen Restempfindungen produziert.